BERICHT RATGEBERAKTION „Hepatitis C“ am 21.09.2017

Hepatitis C: Was jeder wissen sollte!

Häufig wechselnde, ungeschützte Sexkontakte können das Risiko für eine Hepatitis-C-Infektion erhöhen. - Foto: djd/Gilead Sciences
Häufig wechselnde, ungeschützte Sexkontakte können das Risiko für eine Hepatitis-C-Infektion erhöhen. - Foto: djd/Gilead Sciences

Hepatitis C zählt zu den weltweit häufigsten viralen Infektionskrankheiten. Die oft chronisch verlaufende Lebererkrankung kann zu schweren Organschäden bis hin zum Leberzellkrebs führen. Doch Hepatitis C hat inzwischen viel von ihrem Schrecken verloren, denn sie kann heute dank moderner Medikamente meistens vollständig geheilt werden. Doch die Öffentlichkeit ist immer noch zu wenig über die Krankheit informiert. Zudem zeigt Hepatitis C oft lange Zeit nur unklare Symptome wie Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Daher wissen von den etwa 250.000 Infizierten in Deutschland etwa 40 Prozent gar nicht, dass sie mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert sind. Um das zu ändern, will die bundesweite Aufklärungskampagne „Bist du Chris?“ informieren und ermutigen, sich im Zweifel auf HCV testen zu lassen. In diesem Rahmen fand auch eine große Ratgeberaktion mit zwei führenden Leberexperten statt.

Am Telefon und im Chat saßen

Prof. Dr. med. Claus Niederau, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Leberhilfe e.V. und Direktor der Klinik für Innere Medizin, St. Josef-Hospital, Oberhausen

Prof. Dr. med. Markus Cornberg, Medizinischer Geschäftsführer der Deutschen Leberstiftung, Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Renommierte Leberexperten klären über die Krankheit auf

Häufig wird angenommen, dass Hepatitis C nur auf bestimmte Risikogruppen wie Drogenabhängige und Homosexuelle beschränkt ist. Dem widerspricht Prof. Cornberg ganz deutlich: „Eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus kann grundsätzlich jeden treffen. Die Übertragung erfolgt über Blut-zu-Blut-Kontakt. Es gibt zahlreiche Ansteckungsmöglichkeiten und Risikofaktoren, die nicht auf spezifische Gruppen beschränkt sind.“

Zu den Risikofaktoren gehören etwa Bluttransfusionen vor 1992, medizinische Behandlungen und Piercings oder Tätowierungen unter nicht sterilen Bedingungen, die Ausübung eines medizinischen Berufs, Sexualpraktiken mit der Gefahr der Blut-zu-Blut-Übertragung, aktiver und vergangener Drogenkonsum (intravenös bzw. über die Nase) sowie längere Aufenthalte in Ländern mit hoher Infektionsrate. Unter bist-du-chris.de gibt es eine ausführliche Risiko-Checkliste. Falls man ein erhöhtes Hepatitis-C-Risiko bei sich vermutet, sollte man auf alle Fälle mit seinem Arzt über einen Test sprechen.

Impfung nicht möglich

Ein sicherer Schutz vor einer HCV-Infektion ist nach wie vor nicht möglich: „Anders als bei der Hepatitis A und B gibt es gegen Hepatitis C keine Impfung“, erläutert Prof. Niederau. Auch bei einer bereits durchgemachten Erkrankung stelle sich keine Immunität ein, sodass man sich erneut mit dem Hepatitis-C-Virus infizieren könne. Menschen in medizinischen Berufen riet der Professor, sich in regelmäßigen Abständen und speziell nach Nadelverletzungen kostenlos vom Betriebsarzt testen zu lassen.

Vor dem Test selbst braucht sich niemand zu fürchten. „Der Hepatitis-C-Test ist ein unkomplizierter Bluttest. Der erste Test untersucht die Leber-Blutwerte und dient zunächst der Orientierung, ob ein krankhafter Prozess abläuft. Bei Verdacht wird danach noch ein weiterer Bluttest durchgeführt, der unter anderem direkt auf die Hepatitis C abzielt. Eine Punktion der Leber ist heutzutage meist nicht mehr notwendig“, so Prof. Cornberg.

Behandlung besser verträglich

Bei einem positiven Befund ist die Behandlung heute nicht nur deutlich wirksamer, sondern auch viel weniger belastend als die früher angewendete langwierige Therapie. „Die modernen Medikamente sind nur wenige Wochen einzunehmen und führen bei den meisten Patienten zur Heilung. Keine Angst also vor der Behandlung, diese Furcht ist unbegründet“, kann Prof. Cornberg beruhigen. Mithilfe der neuen Therapiemöglichkeiten und einer besseren Aufklärung der Bevölkerung könnte Hepatitis C in Deutschland bis zum Jahr 2030 ganz eingedämmt werden – dies ist auch die Zielvorgabe der Bundesregierung und der WHO. Jeder möglicherweise Betroffene sollte sich also testen und gegebenenfalls behandeln lassen.

Weitere Informationen im Internet

Die Website zur Aufklärungskampagne mit vielen Infos zu Hepatitis C, einer Risiko-Checkliste und einer Arztsuche findet sich unter bist-du-chris.de

Auf Facebook ist die Kampagne unter facebook.com/bistduchris vertreten

Umfassende Informationen bieten auch die Deutsche Leberhilfe e.V., leberhilfe.org, und die Deutsche Leberstiftung, deutsche-leberstiftung.de

experten-im-chat.de zeigt ein Chatprotokoll zu diesem Thema.

Ein führender Leberexperte über Ansteckungsmöglichkeiten und neue Therapien

Die Zahl der von Hepatitis C Betroffenen ist weltweit gut vier- bis fünfmal so hoch wie die der HIV-Infizierten (AIDS). Trotzdem weiß die Öffentlichkeit Umfragen zufolge kaum über die gefährliche Leberentzündung Bescheid, die unbehandelt zu Leberzirrhose, Leberzellkrebs und damit zum Tod führen kann.

„Generell ist die Aufmerksamkeit für Lebererkrankungen viel niedriger als zum Beispiel für Herzkrankheiten. Lebererkrankungen werden oft nur mit Alkohol in Verbindung gebracht“, so die Erfahrung von Prof. Dr. med. Claus Niederau, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Leberhilfe e.V. „So wird bis heute bei erhöhten Leberwerten und in Risikogruppen nicht konsequent genug nach den Hepatitis-Viren B und C gesucht. Das muss sich ändern, denn die chronische Hepatitis-C-Virusinfektion ist heute in fast allen Fällen heilbar und die Hepatitis B gut behandelbar.“

Bundesweite Aufklärungsaktion

Noch bis zum Jahr 2014 gab es für Hepatitis C nur eine langwierige, oft mit schweren Nebenwirkungen verbundene Therapie, die häufig nicht anschlug. „Die neuen Medikamente wirken direkt antiviral und bekämpfen das Virus im Körper, bei guter Verträglichkeit. Das führt bei den meisten Patienten, in der Regel bei 95 Prozent und mehr, innerhalb von meist 8 bis 12 Wochen zur Heilung“, erklärt Prof. Niederau.

Um darüber zu informieren, dass Hepatitis C heilbar ist, und die Aufmerksamkeit für die chronische Lebererkrankung zu erhöhen, wurde die bundesweite Aufklärungsaktion „Bist du Chris?“ gestartet. „Hauptziel der Kampagne ist, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, die Hepatitis C innerhalb der kommenden 15 Jahre einzudämmen bzw. zu eliminieren. Das fordern auch das deutsche Gesundheitsministerium und die WHO“, so der Leberexperte.

Jeder könnte betroffen sein

Der international für Männer und auch für Frauen gebräuchliche und häufige Kurzname „Chris“ kann dabei im Prinzip für jeden stehen. Denn entgegen gängiger Vorurteile beschränke sich Hepatitis C nicht auf Risikogruppen wie Drogenabhängige, wie Prof. Niederau betont: „Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich anzustecken bzw. sich angesteckt zu haben – zum Beispiel über eine Bluttransfusion vor 1992 oder auch über ein Piercing oder eine Tätowierung, die unter schlechten hygienischen Bedingungen gestochen wurde. Weitere Informationen über Ansteckungsmöglichkeiten sind unter bist-du-chris.de erhältlich.“

Dort gibt es auch eine Checkliste, die eine erste Risikoabschätzung ermöglicht. Da Hepatitis C meist schleichend und mit eher unklaren Symptomen wie ständiger Müdigkeit und mangelnder Belastbarkeit verläuft, bleibt sie oft lange unerkannt. „Im Zweifel sollte man mit dem Hausarzt über einen Test sprechen“, rät Prof. Niederau. „In Deutschland sind die modernen Medikamente gegen Hepatitis C für jeden Betroffenen, der die Medikation benötigt, zugänglich.“

Die wichtigsten Leserfragen beim Expertentelefon „Hepatitis C“

Mein Bruder (39) ist Bluter. Könnte er Hepatitis C haben und muss ich Angst haben, wenn er mit meinen Kindern spielt?

Prof. Dr. med. Markus Cornberg, Medizinischer Geschäftsführer der Deutschen Leberstiftung, Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover: Präparate für Bluter sind heute als sicher anzusehen. Vor 1992 war das anders. In dieser Zeit bestand die Möglichkeit, dass man durch ein Gerinnungspräparat infiziert wurde. Das wäre also zu überprüfen. Beim Spielen kann man sich unter normalen Umständen nicht mit dem Hepatitis-C-Virus anstecken, da hier in der Regel kein Blut-zu-Blut-Kontakt erfolgt.

Ich habe Hepatitis C mit mäßiger Viruslast. Mein Arzt hat letztes Jahr gesagt, dann bekomme ich die neuen Medikamente nicht, weil sie zu teuer sind und die Verschreibung auf schwere Fälle begrenzt ist. Stimmt das?

Prof. Cornberg: Natürlich muss der Arzt entscheiden, ob er die Behandlung für angezeigt hält oder nicht. Eine kostenmäßige Begrenzung durch die Krankenkassen und Kostenträger in Bezug auf die neuen Medikamente existiert aber nicht. Prinzipiell hat jeder Infizierte mit Hepatitis C Zugang zur modernen Therapie.

Vor drei Jahren habe ich mir im Thailand-Urlaub ein Tattoo stechen lassen. Sollte ich mich testen lassen? Ich bin oft müde, obwohl ich genug schlafe.

Prof. Cornberg: Müdigkeit ist ein typisches Symptom der Hepatitis C. Sie kommt aber auch bei vielen anderen gesundheitlichen Störungen vor. Eine Tätowierung, die unter nicht sterilen Bedingungen angefertigt wurde, ist ein Risikofaktor für die Infektion. Sie sollten daher mit Ihrem Arzt über einen Test sprechen.

Bei mir wurde 2004 Hepatitis C, Genotyp 1b, festgestellt. Ich habe zwei Interferon/Ribavirin-Behandlungen 2005 und 2011 hinter mir, deren Nebenwirkungen wirklich schlimm waren und die nicht geholfen haben. Vor einer neuen Therapie habe ich deshalb große Angst. Sind die modernen Medikamente wirklich besser?

Prof. Cornberg: Die neuen Therapien sind nicht mit den früheren, sehr nebenwirkungs-behafteten Therapien zu vergleichen. Die modernen Medikamente sind vielmehr sehr gut verträglich, nur wenige Wochen einzunehmen und führen fast immer zur Heilung. Keine Angst also vor der Behandlung, diese Furcht ist unbegründet.

Wie funktioniert der Hepatitis-C-Test eigentlich? Wird da die Leber punktiert?

Prof. Cornberg: Der Hepatitis-C-Test ist ein einfach durchzuführender Bluttest. Der erste Test untersucht die Leber-Blutwerte und dient zunächst der Orientierung, ob ein krankhafter Prozess abläuft. Bei Verdacht wird danach noch ein weiterer Bluttest durchgeführt, der unter anderem direkt auf die Hepatitis C abzielt. Eine Punktion der Leber ist heutzutage meist nicht mehr notwendig. Es gibt inzwischen nicht-invasive Methoden, um das Ausmaß der Leberfibrose zu beurteilen.

Können „normale“ Menschen sich heute eigentlich noch mit Hepatitis C anstecken? Ich dachte, nur Drogensüchtige und Homosexuelle sind gefährdet?

Prof. Cornberg: Eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus kann grundsätzlich jeden treffen. Es existieren zahlreiche Ansteckungsmöglichkeiten und Risikofaktoren, die nicht auf spezifische Gruppen beschränkt sind. Beispiele dafür sind etwa Tätigkeiten im medizinischen Umfeld, eine Bluttransfusion vor 1992, ein Piercing oder eine Tätowierung, welche unter nicht hygienischen Bedingungen gestochen wurden. Ausführliche Informationen finden Sie unter bist-du-chris.de, ebenso einen Risiko-Check.

Ich bin HIV- und HCV-positiv. Kann beides gleichzeitig behandelt werden, oder gibt es möglicherweise gefährliche Wechselwirkungen?

Prof. Cornberg: HCV und HIV kommen nicht selten als Co-Infektion vor. Sie können gleichzeitig behandelt werden.

Kann ich mich eigentlich gegen Hepatitis C impfen lassen?

Prof. Dr. med. Claus Niederau, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Leberhilfe e.V. und Direktor der Klinik für Innere Medizin, St. Josef-Hospital, Oberhausen: Anders als bei der Hepatitis A und B gibt es gegen Hepatitis C keine Impfung.

Ich (31) bin Krankenschwester und gehöre damit ja zu einer Risikogruppe. Sollte ich mich regelmäßig testen lassen? Werden regelmäßige Tests von der Krankenkasse bezahlt?

Prof. Niederau: Sie sollten sich zunächst überhaupt einmal testen lassen, da Sie berufsbedingt ein erhöhtes Risiko haben. Zudem macht es sicher Sinn, wenn Sie sich in regelmäßigen Abständen testen lassen – nach Nadelverletzungen aber unbedingt und umgehend. Die für Sie kostenfreien Tests sollten mit dem Betriebsarzt besprochen und von ihm durchgeführt werden.

Wenn eine Hepatitis C erfolgreich behandelt wurde, kann man sich dann erneut anstecken oder ist man künftig immun?

Prof. Niederau: Es stellt sich leider keine Immunität ein, sodass man sich erneut mit dem Hepatitis-C-Virus infizieren kann.

Bei mir wurde eine Hepatitis-C-Infektion mit dem seltenen Genotyp 5 festgestellt. Helfen die neuen Medikamente dagegen genauso gut?

Prof. Niederau: Es gibt moderne antivirale Medikamente, die auch gegen den Genotyp 5 gut wirken. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber.

Mein Sohn hängt seit Jahren an der Nadel und ist in einem schlechten körperlichen Zustand, inklusive Hepatitis C. Kann er dagegen behandelt werden oder muss er erst clean sein? 

Prof. Niederau: Ihr Sohn muss vor einer Behandlung gegen Hepatitis C nicht unbedingt clean sein. Es muss aber gewährleistet sein, dass er die antivirale Tablettentherapie über 8 bis 12 Wochen regelmäßig einnimmt.

Ich habe längere Zeit in Russland gelebt. Dort soll die Hepatitis-C-Rate ja besonders hoch sein. Habe ich ein erhöhtes Risiko für Hepatitis C?

Prof. Niederau: Ein solcher Aufenthalt gilt als Risikofaktor. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem Arzt über einen Test.

Bei meiner Mutter wurde kürzlich bei einer Routine-Untersuchung wegen erhöhter Leberblutwerte Hepatitis C festgestellt. Sie hatte bei einem Verkehrsunfall vor 25 Jahren mehrere Blutkonserven erhalten – wahrscheinlich der Grund für die Infektion. Kann ich mich im Mutterleib auch damit angesteckt haben? 

Prof. Niederau: In seltenen Fällen kann eine Übertragung in der Schwangerschaft erfolgen, wobei dies meist während der Geburt geschieht. Sprechen Sie Ihren Arzt deshalb sicherheitshalber auf einen Test an.