Bericht Ratgeberaktion „Gefäßkrankheiten“ am 11.06.2015

Gefäß-Experten klären über die lebensbedrohlichen Krankheiten auf

Atemnot, Herzrasen, Brustschmerzen, Beklemmungsgefühle und in schweren Fällen Bewusstlosigkeit: Diese Symptome deuten auf eine Lungenembolie hin. Die plötzliche Blockade der Lungengefäße fordert in Deutschland jährlich rund 100.000 Todesopfer. Meist ist sie Folge einer Thrombose in den tiefen Bein- oder Beckenvenen. Der rechtzeitigen Vorbeugung und Behandlung von venösen Erkrankungen kann deshalb eine lebensrettende Bedeutung zukommen. Welche Risikofaktoren und Warnzeichen es gibt, was Betroffene tun können und viele andere Fragen zum Thema beantworteten renommierte Gefäßexperten bei einer Telefon- und Chataktion am 11. Juni 2015.

Am Telefon und PC saßen für Sie

Professor Dr. med. Rupert Bauersachs, Direktor der Klinik für Gefäßmedizin -Angiologie am Klinikum Darmstadt und Mitglied im Beirat der DGA.

Prof. Dr. med. Tareq Ibrahim, Leitender Oberarzt & Leiter Angiologie, 1. Medizinische Klinik Klinikum Rechts der Isar, Technische Universität München, DGA-Mitglied.

Privatdozent Dr. med. Christoph Kalka, Chefarzt der Abteilung Innere Medizin I – Kardiologie/Angiologie am Marienhospital Brühl sowie Mitglied des Lehrkörpers der Universität Köln; Präsident (1. Vorsitzender) der Deutschen Gefäßliga e. V. und Mitglied im Beirat der DGA.

Prof. Dr. Stavros Konstantinides, Professor für Klinische Studien und Ärztlicher Direktor des multidisziplinären Zentrums für Thrombose und Hämostase (CTH) an der Universitätsmedizin Mainz, DGA-Mitglied.

Im Rahmen der persönlichen Vorbeugung war für viele Fragesteller interessant, welche Risikofaktoren eine Thrombose begünstigen. “Generell ist die Gefahr eines Gerinnsels in den Venen, in der Fachsprache venöse Thrombose genannt, immer dann besonders hoch, wenn sich Blut in den Beinen staut. Dies betrifft vor allem bettlägerige Patienten oder Menschen mit einem Druck- oder Gipsverband“, erläuterte dazu Dr. med. Christoph Kalka. Als weitere Risikofaktoren nannte der Kardiologe erbliche Blutgerinnungsstörungen, längere Immobilität, schwere Krankheiten, Krebs, Entbindungen oder in den Hormonhaushalt eingreifende Medikamente wie die „Pille“ oder die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren. „Ältere Menschen, Raucher und Übergewichtige haben ein generell erhöhtes Thromboserisiko“, ergänzte er.

Schnelle Diagnose ist wichtig

Zur Lungenembolie kommt es dann, wenn sich solche Gerinnsel lösen und mit dem Blutstrom in die Lunge gelangen. „Dort kommt es zu einer Blockierung von Gefäßen, die für den Sauerstoffaustausch wichtig sind, was Atemnot auslöst. Sind viele Lungengefäße betroffen, kann sich ein sehr hoher Druck aufbauen, der das Herz belastet und ein lebensbedrohliches Kreislaufversagen verursachen kann“, beschrieb Prof. Dr. med. Tareq Ibrahim den Krankheitsverlauf. Beim Verdacht auf eine Lungenembolie ist schnelles Handeln gefragt. Meist wird zur Diagnose ein sogenannter D-Dimer-Test durchgeführt. „D-Dimere entstehen bei der Spaltung von Gerinnseln im Blut. Ihr Nachweis ist ein deutlicher und extrem empfindlicher Hinweis auf eine Thrombose“, erklärte Prof. Dr. Stavros Konstantinides das Verfahren. Der nächste diagnostische Schritt sei dann ein Computertomogramm oder ein Lungenszintigramm.

Therapie mit Gerinnungshemmern

Zur Behandlung wird in schweren Fällen eine Thrombolyse durchgeführt. Dabei werden die Blutgerinnsel durch geeignete Medikamente direkt aufgelöst, was aber mit einer hohen Gefahr von Blutungen verbunden ist. Standardtherapie ist die Gabe von Gerinnungshemmern wie Heparin, die das weitere Wachsen des Gerinnsels hemmen. Diese müssen je nach Risikolage über einen längeren Zeitraum genommen werden. „Ob die Blutverdünnung beendet werden kann, hängt von mehreren Faktoren ab“, so Professor Dr. med. Rupert Bauersachs. „Lag für die Thromboembolie ein Auslöser vor (z.B. Operation, Langstreckenreise), oder ist sie ohne erkennbare Ursache aufgetreten? War es das erste Ereignis dieser Art oder ein wiederholtes Auftreten?“ Zudem seien individuelle Risiken zu berücksichtigen. In Abwägung zwischen dem Krankheitsrisiko und der Gefahr einer Blutung bei Fortführung der Therapie müsse der behandelnde Arzt dann entscheiden.

Für Bewegung sorgen

Damit Thrombosen gar nicht erst auftreten, sollte man langes Stehen und Sitzen möglichst meiden und bei Vorbelastung Kompressionsstrümpfe tragen. Bewegung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Ibrahim empfahl kleine Übungen für zwischendurch, um die Waden- und Oberschenkelmuskulatur zu aktivieren, die als sogenannte „Muskelpumpe“, das Blut aus den Beinen in Richtung Herz transportiert. „Zum Beispiel im Liegen auf dem Rücken oder Bauch die Beine anheben und dabei mit dem Fuß nach oben und unten wippen, oder auch ,Radeln‘. Wippen im Zehenspitzstand sowie kreisende Bewegungen der Füße sind ebenfalls hilfreich. Und auch Dehnübungen der Ober- und Unterschenkelmuskulatur unterstützen die Muskelpumpe“.

Weitere Informationsquellen für Interessierte:

risiko-thrombose.de: Auf der Website des Aktionsbündnisses Thrombose finden sich viele gut und verständlich aufbereitete Informationen über Thrombose und ihre Folgeerkrankungen.

dga-gefaessmedizin.de: Der Internetauftritt der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA). Dort arbeiten Gefäßmediziner zusammen, die sich in Forschung, Lehre und Behandlung mit Krankheiten von Arterien, Venen und Lymphgefäßen befassen. Sehr umfassend.

deutsche-gefaessliga.de: Die Deutsche Gefäßliga e.V. will die Prävention und Früherkennung von Gefäßkrankheiten fördern. Hier kann man z.B. nach Gefäßsportgruppen suchen.

phlebology.de: Die Website der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (Lehre von den Gefäßerkrankungen) ist eher fachlich orientiert.

gth-online.org: Die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e.V. beschäftiget sich klinisch und wissenschaftlich mit Thrombosen und verwandten Krankheiten.

internisten-im-netz.de/de_was-ist-eine-thrombose_472.html: Guter Artikel mit vielen Erklärungen zum Thema.