Bericht Expertentelefon „Schwindel“ am 13.11.2014

Schwindelattacken – was tun, wenn sich alles dreht?

Schwindel gehört gerade bei älteren Menschen zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Er kann sich auf vielfältige Weise bemerkbar machen, zum Beispiel als klassischer Drehschwindel, bei dem man sich fühlt wie auf einem Karussell und dadurch in Sturzgefahr gerät, oder als Lagerungsschwindel, der oft im Bett auftritt und zu heftiger Übelkeit führen kann. Manchmal scheint sich auch der Boden unter den Füßen zu bewegen, was als Schwankschwindel bezeichnet wird. Hinter diesen verschiedenen Arten von Gleichgewichtsstörungen können zahlreiche unterschiedliche Ursachen stecken. Welche das sein können und was man dagegen tun kann, erklärten vier Fachärzte am Telefon.

Am Telefon saßen:

Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Hamann: Ehemaliger Extraordinarius an der HNO-Klinik der TU München und leitender Arzt der Abteilung für Schwindel und Gleichgewichtsstörungen im MVZ Bogenhausen. Forschungsschwerpunkt: Verlauf, Diagnose und Therapie von Schwindelerkrankungen.

Dr. med. Thomas Zickler: Niedergelassener HNO-Arzt in Pfungstadt. Praxisschwerpunkte: Hörstörungen, Schwindelerkrankungen, Allergologie, Schlafstörungen. Lehrtätigkeiten für den Deutschen Berufsverband der HNO-Ärzte.

Dr. med. Jörg Sebastian: Niedergelassener HNO-Arzt in Nürnberg. Schwerpunkte: konservative HNO-Heilkunde, Schwindeldiagnostik, Stimm- und Sprachstörungen, Komplexhomöopathie und Akupunktur.

Dr. med. Jochen Reichel: Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in München-Bogenhausen. Schwerpunkte: plastische Operationen, Allergologie, Schwindel- und Tinnitus-Behandlung.

Gleichgewichtsstörungen ernst nehmen und aktiv werden

Oftmals treten Schwindelsymptome urplötzlich auf und verunsichern die Betroffenen. „Als Auslöser kurzfristiger Schwindelbeschwerden ist in erster Linie der gutartige, anfallsweise auftretende Lagerungsschwindel zu nennen. Es kommen aber auch Herzrhythmusstörungen, Kreislaufbeschwerden, Migräne und bestimmte Medikamente infrage. Auf jeden Fall sollte eine Abklärung von ärztlicher Seite erfolgen“, erläutert Dr. med. Jochen Reichel.

Beschwerden abklären und individuell behandeln

Da die Gleichgewichtsorgane in den Ohren liegen, sind Hals-Nasen-Ohren-Ärzte meist der richtige Ansprechpartner. Den häufigen Lagerungsschwindel etwa, bei dem sich im Innenohr kleine Kristalle gelöst haben und die Drehgefühle auslösen, können die Fachärzte mithilfe spezieller Untersuchungsmethoden leicht diagnostizieren, um anschließend ein geeignetes Befreiungsmanöver einzuleiten. Bei dieser Übung werden die Kristalle durch bestimmte Bewegungen wieder aus den Bogengängen des Innenohres herausgeschleudert. Oft sind die Ursachen aber weniger eindeutig. So kommen etwa bei Schwankschwindel laut Dr. med. Jörg Sebastian neben normalen Alterserscheinungen auch verschiedene Erkrankungen des Nervensystems oder des Innenohrs sowie psychische Auslöser wie Angststörungen infrage. „Deshalb sollten diese Beschwerden auch fachübergreifend untersucht werden, um dann eine individuelle Behandlung einleiten zu können“, so der HNO-Arzt.

Medikamente können müde machen

Je nach Grunderkrankung muss die Behandlung individuell angepasst werden. Neben den oben genannten Befreiungsmanövern können laut den Experten etwa Physiotherapie, Chirotherapie, Akupunktur sowie Psychotherapie eingesetzt werden. Auch bestimmte Medikamente können den Gleichgewichtssinn normalisieren, haben aber oft unerwünschte Nebenwirkungen: „Fast alle Schwindelpräparate enthalten im Gehirn wirkende Substanzen. Diese dämpfen und machen müde. Weiterhin hemmen diese Medikamente die Schwindelkompensation, also die Möglichkeiten des Organismus, sich selbst an die Beschwerden anzupassen“, weiß Dr. med. Thomas Zickler. Er empfiehlt deshalb: „Müde machende Medikamente zur Schwindeltherapie sollten nur so kurz wie möglich eingesetzt werden. Alternativ gibt es gut verträgliche Mittel, die nicht schläfrig machen. Sehr gut untersucht ist hier Vertigoheel, das sich zur Behandlung von Schwindelanfällen bewährt hat.“ Es lindert die Schwindelgefühle, fördert die Durchblutung feinster Blutgefäße und hat keinen dämpfenden Effekt.

Selbsthilfe kann viel bringen

Zur Minderung von Schwindelsymptomen und zur Absicherung gegen Stürze können Patienten aber auch selbst viel beitragen: „Als unspezifische Maßnahme im Sinne einer Selbsthilfe rate ich zu einem Gleichgewichtstraining“, so Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Hamann. „Damit ist eine Stabilisierung der Gleichgewichtsfunktionen möglich.“ Dazu sind besonders für Senioren vorbeugende Maßnahmen gegen Unfälle wichtig. Dr. Reichel nannte hier Hilfsmittel wie Bettsicherungen und Gehhilfen sowie eine Notfallklingel oder andere Notrufsysteme.

Weitere Informationen im Internet

Informationen zum Thema Schwindel und Gleichgewichtsstörungen finden Betroffene auch online, zum Beispiel auf den Seiten www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/schwindel/was-ist-schwindel.html, und www.ratgeberzentrale.de.