Kopfverletzungen lassen sich nicht in Euro berechnen

Warum ein Helm aufsetzen?

Wäre es nicht so zynisch, könnte man den am 31.03.2014 im SPIEGEL Online erschienenen Artikel „Fahrradhelm-Pflicht brächte mehr Schaden als Nutzen“ für einen verfrühten Aprilscherz halten. Vorgestellt wird eine Studie der Universität Münster. In der aktuellen Veröffentlichung versucht Prof. Dr. Gernot Sieg, Lehrstuhlinhaber am Institut für Verkehrswissenschaft, die volkswirtschaftlichen Kosten einer Helmpflicht für Radfahrer zu berechnen. Angesichts der etwa 23.400 Radfahrer, die jährlich eine Gehirnverletzung erleiden, sind die von ihm zu Grunde gelegten Zahlen schwer zu ertragen. So berechnet Sieg beispielsweise den „Komfortverlust“ beim Tragen eines Fahrradhelmes mit jährlich 171 Millionen Euro. Doch damit nicht genug: Kosten für Menschenleben und Verletzungen werden gegen Anschaffungskosten für Helme, prognostizierte Umweltbelastungen usw. aufgerechnet. Gernot Sieg kommt zu dem zynischen Ergebnis, dass die gesamtgesellschaftlichen Kosten einer Helmpflicht um 40 Prozent größer als deren Nutzen seien.

Dr. Joachim Breuer, Vorstandsvorsitzender der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, reagiert entsetzt auf die Botschaft des Artikels. „Studien namhafter Unfallforscher haben gezeigt, dass das Tragen eines Fahrradhelms das Risiko einer schweren Kopfverletzung um mindestens 50 Prozent verringern kann“, so Breuer. „Kennt man die dramatischen Auswirkungen, die Schädelhirnverletzungen für jeden einzelnen Betroffenen seine Familie mit sich bringen, ist ihre Vermeidung oder die Reduzierung des Schweregrades der Verletzung jeden Aufwand wert. Und das lässt sich nicht in Euro berechnen.“

Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung fordert Radfahrer selbstverantwortlich dazu auf, beim Radfahren einen Helm zu tragen. Zur Helmpflicht steht sie aber kritisch, da aus einer sanktionsbewährten Helmpflicht sogenannte Mitverschuldenstatbestände oder eine Minderung von Versorgungsansprüchen zu Lasten der Unfallopfer abgeleitet werden könnten.

Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems mit Sitz in Bonn wurde 1983 von Frau Dr. med. h.c. Hannelore Kohl ins Leben gerufen. Die Stiftung unterhält einen Beratungs- und Informationsdienst für Schädelhirnverletzte und deren Angehörige, unterstützt bei der Suche nach geeigneten Rehabilitationseinrichtungen und fördert die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Neurologischen Rehabilitation. Sie engagiert sich in der Präventionsarbeit für Unfallverhütung. Bis heute konnten rund 30 Mio. Euro aus Spendenmitteln für über 630 Projekte an Kliniken, Institutionen und Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland weitergegeben werden. Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen Schädelhirntraumen, knapp die Hälfte von ihnen ist jünger als 25 Jahre. Dank der medizinischen Fortschritte kann vielen von ihnen geholfen werden.