Bericht Expertentelefon „Cholesterin“ am 27.11.2014

Was Experten für Fettstoffwechsel, Herz und Gefäße empfehlen

Leserfragen Expertentelefon „Cholesterin“ am 27.11.2014

1. Mein Mann hatte schon einen Herzinfarkt und muss wegen des Cholesterins auf fettarmes Essen achten. Ist es gefährlich, wenn er sich hin und wieder – zum Beispiel zu Weihnachten – Gänsebraten und Rotkohl mit Schmalz gönnt?

Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Klör, Vorstand in der Lipid-Liga und niedergelassener Stoffwechselexperte, Facharzt für innere Medizin und Gastroenterologie, Lipidologe, Kassel: Eine einzige fettreiche Mahlzeit hat keine wesentliche Auswirkung auf den Cholesterinwert. Sollte Ihr Mann dagegen vor allem erhöhte Triglyzeride im Blut haben, sieht die Sache anders aus. Eine sehr fettreiche Mahlzeit kann die Triglyzeride für einige Zeit deutlich in die Höhe treiben. Bei anschließender fettarmer Ernährung gehen die Werte aber wieder zurück.

2. Meine Ärztin will mir cholesterinsenkende Medikamente verordnen. Diese sollen teils starke Nebenwirkungen haben. Gleicht der Nutzen das wirklich aus?

Klör: Es gibt kaum ein Gebiet der Medizin, das so gut untersucht worden ist wie die medikamentöse Therapie von Fettstoffwechselstörungen. Insbesondere zur Behandlung mit Statinen, den meistverordneten Lipidsenkern, gibt es viele langjährige Studien mit Zehntausenden von Patienten. In diesen wurde Nutzen und Risiko einer solchen Therapie sehr sorgfältig untersucht, und stets überwog der Nutzen bei weitem die gelegentlich beobachteten Risiken. Trotzdem sollte in den ersten Wochen der Behandlung auf eventuelle Nebenwirkungen geachtet werden. Hier kommen Muskelbeschwerden in Frage, gelegentlich auch ein leichter Anstieg der Leberwerte im Blut.

3. Ich habe erhöhte Triglyzeride. Deshalb soll ich jetzt auf Alkohol verzichten. Aber warum denn, da ist doch gar kein Fett drin?

Klör: Alkohol ist zwar kein Fett, kann aber vom Körper – ebenso wie Zucker – zu Fett umgebaut werden. Wer regelmäßig Alkohol konsumiert, hat deshalb oft erhöhte Triglyzeridwerte. Allein der Verzicht auf Bier, Wein und Co. kann schon zu einer deutlichen Senkung führen.

4. Sind bei kritischen Cholesterinwerten nur tierische Fette schädlich oder auch andere fettige Lebensmittel wie Chips, Schokolade oder Mayonnaise-Salate?

Prof. Dr. med. Gerald Klose, ehem. Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Klinikum Links der Weser, Bremen, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Lipidologe, Bremen: Kartoffelchips entstehen durch Frittieren in heißem Öl. Dessen Zusammensetzung und die mit dem Chips-Verzehr verbundene Fettaufnahme können längerfristig ein Gesundheitsrisiko darstellen. Vor allem Fette, die sich überwiegend aus gesättigten Fettsäuren zusammensetzen, führen zu einer Erhöhung des risikoreichen LDL-Cholesterins. Weiter können bei der Erhitzung gehärteter Fette Trans-Fettsäuren entstehen, deren Verzehr ungünstig ist. Auch für Schokolade und Mayonnaise gilt, dass der Verzehr zur Vermeidung einer zu hohen Fettzufuhr begrenzt werden sollte.

5. Seit etwa drei Monaten halte ich strikt Diät und treibe regelmäßig Sport. Trotzdem sind meine Cholesterinwerte unverändert hoch. Woran liegt das?

Klose: Die Menge des Cholesterins im Blut hängt in individuell unterschiedlichem Ausmaß und Verhältnis von Ernährung und genetischen Faktoren ab. So wie es Personen gibt, deren Cholesterinwert stärker von Ernährungsfaktoren bestimmt ist, gibt es genetisch bedingte Stoffwechselstörungen, die nie ohne Medikamente kontrollierbar sind – wie beispielsweise die Familiäre Hypercholesterinämie.

6. Wie weit sollte ein zu hoher Cholesterinspiegel gesenkt werden?

Klose: Das Ausmaß der LDL-Cholesterinsenkung oder die Zielwerte hängen vom Risiko des Betroffenen ab. Ein hohes oder sehr hohes Risiko wird etwa durch bestehende arteriosklerosebedingte Erkrankungen, Herzinfarkte oder Stent-Therapien, Diabetes mellitus und genetisch bedingte Faktoren wie die Familiäre Hypercholesterinämie bedingt. Für diese Fälle gelten LDL-Cholesterin-Zielwerte von unter 100 mg/dl oder eine Absenkung der LDL-Konzentration um mehr als 50 Prozent.

7. Mein Vater ist mit 56 an einem Herzinfarkt gestorben. Kann man sein eigenes Risiko wirklich selbst beeinflussen oder ist doch alles genetisch bedingt?

Dr. med. Ursula Kassner, Lipidologin, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Lipidambulanz im Interdisziplinären Stoffwechsel-Centrum Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin: Natürlich spielt die genetische Vorbelastung eine wichtige Rolle. Aber gerade, wenn eine solche besteht, kann man sein eigenes Risiko durch eine Reihe von Maßnahmen begrenzen. Hierzu gehört zunächst ein Screening auf das Vorliegen von Risikofaktoren für einen Herzinfarkt, wie zum Beispiel Fettstoffwechselstörungen. Der wichtige zweite Schritt ist eine frühzeitige Therapie, die sich aus Lebensstiloptimierung mit ausgewogener Ernährung und ausreichender Bewegung sowie der notwendigen Gabe von Medikamenten zusammensetzt.

8 Man liest immer wieder mal, dass leicht erhöhte Cholesterinwerte gar nicht so gefährlich sind, was Herzinfarkt und Schlaganfall angeht. Ab welchem Wert wird es denn nun wirklich kritisch?

Kassner: Idealerweise sollte man einen LDL-Cholesterinwert von um die 115 mg/dl haben, wenn noch keine Arteriosklerose vorliegt. Aber der Grenzwert, ab dem eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden sollte, variiert in Abhängigkeit von begleitenden Risikofaktoren wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Diabetes mellitus. Liegt das LDL-Cholesterin über 190 mg/dl und einige Familienmitglieder haben ebenfalls so deutlich erhöhte Werte oder bereits eine frühzeitige Arteriosklerose entwickelt, liegt der Verdacht nahe, dass eine familiäre Hypercholesterinämie vorliegt. Hier sollte ein LDL-Cholesterin-Wert von weniger als 100 mg/dl angestrebt werden.

9 Gibt es Anzeichen, an denen man eine Familiäre Hypercholesterinämie erkennen kann?

Kassner: Äußerlich treten bei einem gestörten Fettstoffwechsel gelegentlich gelbliche Lipideinlagerungen in der Haut auf, die Xanthome. Im Bereich der Augenlider werden sie Xanthelasmen genannt. Ansonsten sollte man aufmerksam werden, wenn in der Familiengeschichte eine auffällige Häufung von frühen Herzinfarkten zu beobachten ist. Ebenso, wenn Verwandte frühzeitig sehr hohe Cholesterinwerte hatten.

10 Meine Eltern haben immer an überhöhten Cholesterinwerten gelitten. Bei mir ist es genauso. Mein Sohn ist 12 Jahre alt – kann er auch schon gefährdet sein?

Michaela Wolf, Vorstandsvorsitzende der Patientenorganisation Cholesterin & Co. e.V. (kurz CholCo), Frankfurt: Wissen Sie, ob es bei Ihnen in der Familie eine erblich bedingte Fettstoffwechselstörung vorliegt, die zu den erhöhten Cholesterinwerten führte? Wenn ja, kann das auch bei Ihrem Sohn der Fall sein. Kinder, die erblich von hohen Cholesterinwerten betroffen sind, werden damit geboren und man kann das schon bei Kleinkindern diagnostizieren. Lassen Sie die Blutwerte Ihres Sohnes überprüfen – das kann auch der Kinderarzt. Dann haben Sie Gewissheit und können gegebenenfalls einen Fettstoffwechselexperten aufsuchen.

11 Ich mache mir Sorgen um meine Frau (49). Ihr Cholesterin ist seit Jahren zu hoch, obwohl sie schlank ist und gesund lebt. An was für einen Facharzt wenden wir uns am besten?

Wolf: Auch schlanke Menschen, die sich gesund ernähren, können von einer Fettstoffwechselstörung betroffen sein. Wenden Sie sich an einen Lipidologen oder Stoffwechselexperten in Ihrer Nähe. Fragen Sie Ihren Hausarzt, konsultieren Sie das Internet oder auch die Patientenorganisation Cholesterin & Co, um passende Adressen zu finden. Nehmen Sie zum ersten Termin dort Ihre Blutwerte mit.

12 Bei mir wurde eine Homozygote Familiäre Hypercholesterinämie festgestellt. Was bedeutet das für mich?

Wolf: Für die Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist meistens ein Defekt auf dem sogenannten LDLR-Gen verantwortlich, das eine wichtige Rolle im Cholesterinstoffwechsel spielt. Nun bekommt man bei der Zeugung von jedem Gen zwei Exemplare mit – eins von der Mutter und eins vom Vater. Haben beide Gene den gleichen Fehler – homo bedeutet auf Griechisch gleich –, so hat man die homozygote Form der FH. Sie ist viel seltener und verläuft deutlich schwerer als die heterozygote Form, bei der nur eines der Gene defekt ist. Deshalb sollten Sie eine Behandlung unbedingt konsequent einhalten.