Bericht Expertentelefon „Leistung steigern“ vom 03.07.2014

Wie man mit der richtigen Ernährung die Leistung steigern kann

Die meist gestellten Leserfragen am Expertentelefon „Wie wichtig sind Kohlenhydrate beim Sport?“ am 03.07.2014

1. Wie viele zusätzliche Kalorien verbraucht man bei einer Stunde Joggen, und wieviel mehr darf man dann essen?

Birgit Leuchtmann-Wagner, Diätassistentin und Ernährungsberaterin Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Seit 2006 ist sie Ernährungsexpertin und Gebietsrepräsentantin bei der Deutschen BKK, Wolfsburg und aktiv im Bundesverband der Diätassistenten (VDD): Der Kalorienverbrauch ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Das sind etwa das Körpergewicht, das Lauftempo, die Strecke. Eine einfache Faustregel zur Berechnung des Energieverbrauchs beim Joggen lautet: Gelaufene Kilometer x Kilogramm Körpergewicht x 0,9 = verbrauchte Energie in Kilokalorien. Ein 70 Kilogramm schwerer Sportler verbraucht bei 60 Minuten schnellem Joggen durchschnittlich knapp 900 Kalorien. Das entspricht zum Beispiel drei Scheiben Vollkornbrot mit je einem Teelöffel Butter, belegt mit Käse oder Schinken oder einer Portion Milchreis mit Zimt und Zucker und einem Stück Kuchen (ca. 100 Gramm) und 2 Kugeln Cremeeis oder 3 Kartoffeln mit einer Portion Kräuterquark und 2 Becher Fruchtjogurt á 150 Gramm und 3,5 % Fett.

2. Sind Zucker und Kohlenhydrate eigentlich dasselbe? Oder wie unterscheiden sie sich?

Leuchtmann-Wagner: Ja, sie sind eigentlich dasselbe. Kohlenhydrate setzen sich aus verschiedenen Zuckerbausteinen zusammen. Die Kohlenhydrate im Obst sind überwiegend die Einfachzucker Fruktose (Fruchtzucker) und Glukose (Traubenzucker) sowie Saccharose, ein Zweifachzucker aus Glukose und Fruktose. Brot und Getreideprodukte bestehen überwiegend aus Stärke. Stärke setzt sich aus vielen Glukosebausteinen zusammen. Die Süße schmeckt man erst, wenn Brot ganz intensiv und langsam gekaut wird. Alle Kohlenhydrate, einschließlich Zucker, liefern vier Kilokalorien pro Gramm.

3. Welchen Anteil Kohlenhydrate und welchen Anteil Proteine sollte meine tägliche Ernährung haben? Ändert sich das Verhältnis, wenn ich mehr Sport treibe?

Leuchtmann-Wagner: Der Anteil der Kohlenhydrate sollte ca. 50 bis 55 Prozent und der Anteil an Proteinen ca. 10 bis 15 Prozent des Energiebedarfs pro Tag betragen. Diese prozentuale Verteilung gilt auch für Freizeitsportler bei einer Trainingshäufigkeit von dreimal wöchentlich ca. 60 Minuten. Es ist nicht erforderlich, besondere Eiweißdrinks oder Kraftriegel zu sich zu nehmen. Der Bedarf kann mit einer ausgewogenen Ernährung abgedeckt werden. Für Leistungs- und Extremsportler verändert sich die Verteilung in Abhängigkeit von Häufigkeit und Intensität des Trainings.

4. Ich treibe regelmäßig Ausdauersport. Was bietet sich als kleiner Snack während des Trainings an?

Sarah Wingensiefen, Diplom-Ökotrophologin und Referentin für Ernährung und Öffentlichkeitsarbeit bei der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker: Die Leistungsfähigkeit beim Sport hängt eng mit den im Körper verfügbaren Kohlenhydraten zusammen, die in der Muskulatur und der Leber als Glykogen gespeichert werden. Deshalb macht es Sinn, die Speicher schon vor dem Training mit Kohlenhydraten aufzufüllen. Für einen Energieschub während des Sports eignen sich zuckerhaltige isotonische Getränke am besten. Auch nach dem Sport ist die Aufnahme von Kohlenhydraten sinnvoll, beispielsweise in Form eines Marmeladenbrötchens, eines Müsliriegels oder einer Banane, um die Glykogenspeicher wieder aufzufüllen.

5. In Sportlergetränken ist ja oft Zucker enthalten, ist das nicht ungesund?

Wingensiefen: Nein, zuckerhaltige Getränke stellen eine gute und praktische Energiequelle dar, um den Körper während einer intensiven Trainingseinheit mit Kohlenhydraten zu versorgen. Denn mit leeren Energiespeichern lässt die Leistung nach, und man kann sich schlechter konzentrieren. Mit der Aufnahme von kohlenhydrathaltigen Getränken kann der Ermüdung begegnet und die Ausdauer gestärkt werden.

6. Warum soll eigentlich ausgerechnet Zucker so ein guter Energielieferant beim Sport sein? Hat Fett nicht viel mehr Kalorien, also Energie?

Wingensiefen: Kohlenhydrate, zu denen auch Zucker zählt, werden bei sportlicher Aktivität vom Körper zuerst verbrannt. Daher sind sie für Sportler auch die wichtigste Energiequelle. Es stimmt, dass Fette mit neun Kilokalorien pro Gramm im Vergleich zu Kohlenhydraten mit vier Kilokalorien pro Gramm eine weitaus höhere Energiedichte besitzen. Trotzdem können die Fettdepots bei sportlicher Aktivität nicht so effektiv genutzt werden. Das liegt daran, dass bei der Fettverbrennung bei gleicher Energieausbeute im Vergleich zur Kohlenhydratverbrennung mehr Sauerstoff benötigt wird. Mit Kohlenhydraten als Energiequelle können somit Leistungen höherer Intensität erreicht werden.

7. Ich jogge oft morgens noch vor dem Frühstück. Sollte ich vorher etwas essen?

Timo Bracht, Triathlet, studierter Sportwissenschaftler, deutscher Meister und zweifacher Triathlon-Europameister in der Ironman-Distanz: Das kommt auf die Länge und die Intensität der Trainingseinheit an. Auf jeden Fall sollten Sie ein Glas Wasser trinken. Wenn Sie mehr als eine Viertelstunde joggen wollen, tun einige Kohlenhydrate vor dem Training gut – zum Beispiel ein Toastbrot mit Marmelade, eine halbe Banane und ein kleines Glas Orangensaft. Wenn Sie mit nüchternem Magen anfangen, sind ihre Energiereserven schnell erschöpft.

8. Vor einem halben Jahr habe ich mit dem Laufen angefangen und am Anfang schnell Fortschritte erzielt. Aber jetzt scheint meine Leistung plötzlich zu stagnieren. Kann ich mehr erreichen, wenn ich meine Ernährung umstelle, und wie könnte das aussehen?

Bracht: Das wichtigste ist, dass Sie kein monotones Trainingsprogramm absolvieren. Bringen Sie Abwechslung in Ihr Training. Laufen Sie auch mal schnelle Intervalle und wechseln Sie das Tempo. Dazu brauchen Sie dann auch die nötige Energie in Form von Kohlenhydraten – eventuell fehlt Ihnen während des Laufens der Energienachschub. Und Geduld ist sehr wichtig im Ausdauersport – machen Sie sich nicht verrückt und genießen Sie das Laufen.

9. Ich mache keinen Ausdauersport, sondern spiele Basketball. Helfen auch dabei Kohlenhydrate, die Leistung zu verbessern?

Bracht: Basketball ist ein sehr schneller Sport, bei dem Sie sich konzentrieren müssen und den Überblick behalten sollten – Spielverständnis, Ballgefühl, Kraft und Ausdauer werden gebraucht. Dafür sind auch Kohlenhydrate wichtig: Zucker ist gut für die Konzentration und mit vollen Energiespeichern spielt es sich erfolgreicher.

10. Ich habe vor Kurzem angefangen, für einen Triathlon zu trainieren. Jetzt habe ich gehört, dass man vor dem Start „Carboloading“ machen sollte. Was ist das und wie funktioniert das genau?

Bracht: „Carboloading“ ist das Auffüllen der Glykogenspeicher vor einem Wettkampf. Wenn Sie etwa vier bis sechs Tage vor einem Wettkampf nur wenige Kohlenhydrate zu sich nehmen, aber weiter trainieren, werden Ihre Speicher entleert. Dafür essen Sie drei Tage und speziell am Tag vor dem Triathlon viele Kohlenhydrate und wenige Ballaststoffe bei stark verringertem Training. Als Folge werden die Reserven in den Muskeln überdurchschnittlich aufgefüllt. Je länger die Strecke, umso wichtiger sind volle Energiespeicher. Vermeiden Sie aber ein „Überessen“ und sorgen Sie für mehrere kleine, kohlenhydratreiche Mahlzeiten über den Tag verteilt, wie beispielsweise Kartoffeln (mit Quark), Pasta, Dinkelbrot mit Marmelade und Zuckerrübensirup oder Bananen. Wichtig ist auch genügend Flüssigkeitszufuhr und kaliumreiche Nahrungsmittel, da Wasser und Kalium gemeinsam mit dem Glykogen eingelagert werden.

11. Wann sollten Sportler Kohlenhydrate essen und wann brauchen sie Proteine?

Dr. Jürgen Siebenhünen, Sportwissenschaftler, Ernährungsberater und Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement, Deutsche Sporthochschule Köln: Eine gute Versorgung mit – vor allem ballaststoffreichen – Kohlenhydraten wie Vollkornbrot, frischem Obst, Gemüse, Nudeln und Kartoffeln sollte gleichmäßig über das ganze Jahr erfolgen. Unmittelbar vor höheren Belastungen oder Wettkämpfen sind jedoch weniger ballaststoffreiche Kohlenhydrate geeigneter, so zum Beispiel Weißbrot oder Toastbrot mit Marmelade. Je intensiver und schneller der betriebene Sport, umso kohlenhydratbetonter ist der Energiebedarf. Beispiele hierfür sind fast alle Mannschaftssportarten, Tennis, Tischtennis, Sprint- und Mittelstreckenläufe sowie Aerobic. Aber auch für die klassischen Ausdauersportarten ist eine reichliche Zufuhr von Kohlenhydraten wichtig. Proteine werden als Nährstofflieferant für Sportler oft überschätzt. Eine erhöhte Zufuhr ist nur bei reinen Kraftsportarten im Hochleistungsbereich sinnvoll, etwa beim Gewichtheben und Bodybuilding. Für den Freizeit- und Gesundheitssportler gilt, dass der Proteinbedarf mit der ohnehin durchschnittlich in Deutschland aufgenommenen Eiweißmenge mehr als gedeckt ist.

12. Meine Freundin sagt, man sollte wegen der Figur beim Fitnesstraining nur Wasser trinken und hinterher höchstens ein bisschen Obst essen, stimmt das?

Siebenhünen: Das kommt darauf an, welches Ziel Ihre Freundin mit dem Fitnesstraining verfolgt. Wenn es hauptsächlich um Fitness und Leistungsfähigkeit geht, liegt sie damit nicht ganz falsch. Schweres Essen nach dem Sport stört die Regeneration. Zum Auffüllen der Glykogenspeicher sollte sie aber zusätzlich eine Portion Salat mit einer Scheibe Vollkornbrot essen. Ginge es um den Aufbau von Muskulatur, sollte ihre Freundin die Proteinzufuhr nicht ganz vernachlässigen. Hierbei sind aber kleine Mengen ausreichend, die über den Tag verteilt gegessen werden sollten. Es genügt, an ein Glas Milch, ein bis zwei kleine Joghurts und eine Scheibe Käse täglich zu denken.

13. Ich muss nach dem Sport mit dem Auto nach Hause fahren. Sollte ich davor etwas essen oder reicht es, wenn ich daheim zu Abend esse?

Siebenhünen: Das Auffüllen der angegriffenen Glykogenspeicher nach dem Training sollte zwar recht zeitnah erfolgen, aber ein Zeitraum von anderthalb bis zwei Stunden ist dafür völlig ausreichend. Sie müssen also nicht sofort nach Beendigung des Trainings etwas essen, sondern können vorher erst nach Hause fahren. Häufig ist es ja auch so, dass unmittelbar nach dem Training das Hungergefühl gedämpft ist. Sollten Sie ein sehr anstrengendes Training absolviert haben, wäre es gut, zunächst die erschöpften Glykogenreserven mit einem Fruchtsaft oder einem zuckerhaltigen Sportgetränk leicht aufzufüllen.

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